Freitag, 5. August 2005

Neulich im Eskdale

Mitten durch den nordwestenglischen Lake District fließt der River Esk. Nach drei Wochen ohne Regen als Fluss nicht so sonderlich beeidruckend. Aber das Tal (dale ... noch was für SprachforscherInnen ;) ) ist wirklich schön. Gerade schottlandgewöhnt erschien mit der ganze Lake District zwar etwas soft aber Esk Dale kann gut mit den Highlands mithalten. Und der Blick auf Scafell Pike, Englands (nicht Britanniens!) höchstem Berg verschafft den Eindruck von echtem Gebirge. ;)

Ziemlich weit unten, noch fast am Eingang des Tals begrüßte uns eine Esche. Sie war in gewisser Weise Wächterin um Sie herumstanden die typischen Schafzäune incl. der Durchgänge für Menschen. Grenzland irgendwie.

Der Fluss fällt alle paar Meter ein Stück nach unten. Wer Wasserfälle mag, kann sich am Esk nicht beschweren. Dabei bilden sich oft längliche tiefe Becken, in denen Mensch sogar schwimmen kann. Das Wasser ist klar aber natürlich auch im Sommer ...kalt. Wir haben uns in einem der Becken zumindest den Staub und Schweiß der letzten Tage (wer mit Rucksack und Zelt unterwegs ist, ohne Zeltplätze zu nutzen, weiß wovon ich rede) vom Körper gewaschen.

Dahinter fand sich sogar ein bisschen Moor, das noch nicht völlig trocken war. Irgendwann bog der Esk ab. Wegen einiger interessanter Wasserfälle folgten wir ihm zunächst. Meine Begleiterin ist Wassserfallfan *gg*
An dieser Stelle hat sich ein tiefes und steiniges Bett gegraben. Stellenweise gibt es keine Wege mehr rechts und links, es hilft nur auf den Felsen am Rand zu klettern bzw. über die Steine im Fluss. Durch das Wasser zu gehen, wäre weniger ratsam, das bliebe nicht bei nassen Füßen.

Irgendwann gingen wir am anderen Ufer zurück zurück zu einem Nebenfluss, dem Lingcove. Hinter der Lingcove Bridge haben wir eine Pause gemacht. Mir ist aufgefallen, dass die Brücke durchaus ein Tor war. Allerdings eben wenn mensch ... oder wer auch immer ... unter ihr durchgeht, was ich ja nicht getan hab.


Nicht viel später lag dieser Stock auf dem Weg. So als wäre er dort gerade für mich platziert worden. Zunächst wollte ich das gar nicht glauben. Ich habe einen Stock, mit einer völlig anderen Funktion, einem völlig anderen Charakter, das wir mir ziemlich bald klar. War der hier wirklich für mich? Wollte er zu mir?

Vielleicht hätte ich ihn ohne meine Begleiterin sogar dort gelassen. Sie hat mich schließlich halb überzeugt, halb überredet. Sie hatte ihn denn auch als Weißdorn identifiziert.

Der Transport war schwierig. Ich hatte noch die Folgen einer Entzündung im Knie vom Schottlandtrip einige Wochen zuvor und bin mit Nordic Walking Stöcken unterwegs gewesen. Zunächst hatte meine Begleiterin den Weißdorn getragen, dann hab ich ihn mir auf den Rucksack gebunden. Watt´n Act.

Irgendwie ist das alles erst viel später zu einem Zusammenhang geworden. Weiß nicht, ich hab das Tor unter der Brücke bemerkt, die Esche als Wächterin, das Moor und den Fluss als Spiel, den Lake District als leicht. Zwar zumm ernst nehmen aber nicht so ... mh ... real ist quatsch, so massiv, deutlich? Ich bin sogar in das Becken gehüpft um mich zu waschen.

Es war wie eine Art Ritual. Vieles war eher symbolisch, angedeutet. Die Esche als Eintritt, das Becken, in dem altes abkam. In Schottland vor ein paar Wochen hatte ich die Reste eines Problems am Wickel: Die Tiefe.

Wer über Flüsse muss, die reißend und nach wochenlangen Regenfällen Meter tief sind, sollte sich abgewöhnen, nicht von Felsen zu Felsen klettern zu wollen. Zumal wenn ein paar Meter hinter dem einzig möglichen Weg der Fluss 50 Meter nach unten fällt, die eigentlichen Stepstones metertief überflutet sind, die Brücke seit Jahren kaputt ist. Dagegen waren die Klettereien am Nebenfluss des Esk Spiel, Leichtigkeit, Symbol.

Das gleiche mit dem Moor. Als ich zum ersten Mal in einem echten Moor war, hatte ich Probs mit schwankenden Boden und Tiefen, die ich nur bedingt abschätzen konnte. Es ist einfacher geworden, schon im letzten Jahr auf der Isle of Lewis und problemlos nach tagelangen Wanderungen durch Schottland, u.a. zum Cape Wrath im äußersten Nordwesten des britischen Mainlands.

Das Tor, die Brücke, war eine Andeutung eines neuen Abschnittes. Dafür dann der Stock. Als Beginn.

Die Tiefe ist eigentlich auch nur ein Symbol. Steht für etwas anderes. Etwas, dass sich jetzt in gewisser Weise kontrollieren lässt. Eine Andere Spielart, vielleicht desselben ist das neue. Der Ausblick auf den Scafell Pike deutete es an.

Am nächsten Tag durfte ich es denn auch live erleben. Wir versuchten auf einen Berg zu krabbeln. Anders als die schottischen Berge bei der Tour zuvor diesmal mit ein paar Freeclimbingeinlagen. Öhm. Ich war ganz stolz auf mich, meiner Begleiterin im Wesentlichen folgen zu können.

Bis auf eine Stelle. Ich weiß nicht, wie sie es gemacht hat, eigentlich geht es nicht. Überhängende Felsen, Griffe, die weiter auseinander liegen als sie groß ist. Es dauerte keine Minute. Ich hab für die Stelle eine Stunde gebraucht und eine Gruppe BergstigerInnen, die sich an einer viel steileren Wand hundert Meter rechts von uns hocharbeiteten, köstlich amüsiert.

Immerhin bin ich nicht umgekehrt, sondern hab einen Weg gefunden. Was sich in gewisser Weise schon auf dem Suilvan angedeutet hat, wurde hier klar. Das nächste Symbol, der nächste Schritt ist die Höhe.

So ganz ist mir der Zusammenhang zwischen dem Weißdorn und der Höhe nicht klar. Aber es geht um eine neue Energie, eine neue Qualität. Da fließt vieles zusammen. Und wenn ich mir ansehe, was gerade noch so in meinem Leben läuft, denke ich, die ersten Steine des Puzzles fügen sich zu einem Ausschnitt vom Gesamtbild.

Allerdings werde ich auch den anderen Stock noch brauchen, denke ich zumindest. Obwohl, wollte der sich nicht schon vor ein paar Monaten verabschieden?

Einer weniger

So, nu ist Georgie weg ...

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